Die Fortsetzung ORION ruft Hollywood
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Legenden, Tatsachen und Gerüchte um die Fortsetzung
Als Konglomerat aus Legenden, Tatsachen und Gerüchten bezeichnet Milosch
seine kleine Abhandlung über den bisher nicht zustande gekommenen Flug der
ORION ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Die ORION flog um die Welt, außer nach Amerika. Möglicherweise erreicht sie
nun nach über 30 Jahren ihr Ziel.
Die Geschichte vom Flug der ORION über die Bildschirme der Welt hin zur
bisher nie gedrehten Fortsetzung, die endlich den Sprung nach Amerika schaffen
soll, beginnt Ende der sechziger Jahre mit einer
Testvorführung vor amerikanischen Interessenten.
Die ORION beeindruckte die Zuschauer verlautet später. Gekauft haben Sie
die Serie dennoch nicht. Dafür gibt es einige Gründe.
Dazu einige Worte zum US-Fernsehen. 1948 gab es 100.000 TV-Geräte, in den
nächsten fünf Jahren versorgten sich zwei Drittel(!) der amerikanischen
Haushalte mit dem neuen Medium. Immer mehr richtete sich der Alltag am
Fernsehen aus und es ist daher nicht verwunderlich, daß bereits 1953 das
Farbfernsehzeitalter begann. In Europa dauerte es noch anderthalb
Jahrzehnte, bis die ersten Stationen farbig sendeten.
Die Raumpatrouille kam 1966 im schlichten schwarz-weißen Kleidchen daher.
Die amerikanische Seifenopern jener Zeit präsentierten sich dem
Zuschauer längst farbig.
Ins europäische und außereuropäische Ausland verkaufte sich die ORION
durchaus, schließlich sah man auch dort noch schwarz-weiß in die Röhre,
aber eben nicht mehr in Amerika.
Schwerer wog dennoch sicherlich die Tatsache, daß die Serie nicht in
englischer Sprache gedreht worden war. Synchronisationen sind in den USA
nämlich nicht wie bei uns gang und gäbe.
Auch ausländische Kinofilme werden nur selten synchronisiert. Sie laufen
teilweise bestenfalls untertitelt und haben damit keine Chance auf ein
breites Publikum.
Häufig dreht Hollywood denn auch Remakes ausländischer Erfolgsfilme, wie
z.B. "Die Filzlaus", "Drei Männer und ein Baby" oder - jüngstes Beispiel -
"Ein Käfig voller Narren". Sie wurden zu "Buddy, Buddy", "Noch drei Männer,
noch ein Baby" und "Birdcage".
Das Hauptabendprogramm war der ORION also schon aus zweierlei Gründen
verwehrt. Nicht zuletzt aber auch dadurch, daß im toleranten Amerika
die Science-Fiction diesen Platz selbst noch nicht erobert hatte.
Die, ebenso wie die Raumpatrouille, 1966 gestartete Serie "Raumschiff
Enterprise" war wenig erfolgreich und schaffte es nur mit Mühe auf 3 Jahre
und 78 Episoden (aber immhin!). Dann wurde die Serie aus dem Programm
gekippt.
Weshalb also hätten die Amerikaner ausgerechnet eine siebenteilige
deutsche Science-Fiction-Serie einkaufen sollen, die sie ihrem "verwöhnten
Publikum" allenfalls nachts um halb-zwei anbieten könnten?
Nachdem die ARD die Fortsetzungspläne schon kurz nach der erfolgreichen
Erstausstrahlung aufgab, fanden sich trotzdem noch Unentwegte, die neue
Startversuche unternahmen.
Neben Rolf Honold, dem Erfinder der ORION, taten sich auch
Dietmar Schönherr als treibende Kraft und der Rest der ORION-Crew
zusammen um noch einmal gemeinsam vor die Kamera zu treten.
Wolfgang Völz machte noch 1988 in der ZDF-Show Tele-As entsprechende
Andeutungen.
Mit der deutschen Wiedervereinigung schien sich Berlin-Babelsberg
anzubieten, dem deutschen Film neuen Schwung zu verschaffen. Irgendwo auf
der Strecke ging Schönherr und Co. aber die Luft aus, es fanden sich einfach
nicht die Geldgeber.
Seither kommen immer wieder neue Namen ins Spiel.
Eine Zeitlang kursierte Wolfgang Petersen als Regisseur und Anheizer für
Geldgeber. Immerhin hatte dieser einige SF-Erfahrung. Für den 1973 gedrehten
Film "Smog", einem fiktiven Dokumentarspiel, erhielt er etliche Auszeichnungen, darunter 1975 den
"Prix Futura". Der Film ist - man merkt es am Titel, der trauriger
allsommerlicher Alltag ist - längst von der Realität überholt.
1985 drehte er "Enemy Mine", einen wenig inspirierten Robinson-im-Weltall
Aufguß. Sein Gang nach Hollywood ließ die Hoffnungen einiger Enthusiasten
wieder aufkeimen, besonders nach dem Knüller "Outbreak". Petersen hat sich
jedoch nie ernsthaft mit einem ORION-Projekt befaßt.
Ganz anders Roland Emmerich (Es scheint fast so, daß praktisch jeder deutsche
Regisseur, der es in Hollywood zu was bringt zukünftig mit der ORION
in Verbindung gebracht wird.).
Der Schwabe drehte 1983 den vielbeachteten SF "Das Arche-Noah-Prinzip" (Er
bedauert heute noch, daß er ihn auf deutsch drehte und damit in Amerika
nicht landen konnte; ein 'Fehler' den er seither nicht wieder machte).
Nach Fantasy wie "Joey" und "Hollywood-Monster" drehte Emmerich Anfang der
Neunziger wieder SF. Mit "Moon 44" schaffte er den Sprung über den großen
Teich. Seither produzierte er in Hollywood einen Hammer nach dem anderen:
"Universal Soldier", "Stargate" und zuletzt "Independence Day".
Obwohl Emmerich sehr gerne die Raumpatrouille-Fortsetzung drehen würde, ist
er viel zu sehr Realist als sich auf ein in der Schwebe befindliches Projekt
zu versteifen. Momentan fehlt es wie schon immer an Geldgebern, auch wenn
Amerika deutlicher als zuvor Interesse angemeldet hatte. Dennoch wird
Emmerich's nächster Film eher eine Neuauflage von "Godzilla" sein, als eine
neue ORION.
Das heißt jedoch nicht, daß er und seine Schwester - sie bestimmt, was
Emmerich's Centropolis als nächstes produziert - sich nicht schon
weitgediehene Gedanken gemacht hätten.
Die Planungen sehen einen Pilotfilm plus 12 Folgen - in englisch gedreht -
vor.
In Amerika wurden dazu eigens die 7 Orginal-Episoden untertitelt vorgeführt
um potentielle Geldgeber zu überzeugen und Drehbuchschreiber zu inspirieren.
Pro 7 - als beteiligter Sender - und Centropolis halten sich aber
noch immer sehr zurück mit konkreten Aussagen. Auch Emmerich betont in
Interviews zwar seine Verbundenheit mit dem Projekt, kann aber auch nicht
mit einem festen Produktionsdatum aufwarten.
Um noch einen Namen zu nennen: Als Commander im Gespräch ist Jürgen
Prochnow, aber wie sovieles kann auch das sich noch ändern. Nix is' fix!
Was müßte die ORION in eine Neuauflage herüberretten?
Wie man hört liegt für die Planer die große Herausforderung darin
den 60er-Jahre Charme des Orginals mit dem heutigen TV-Look zu verbinden.
Braucht man die Raumschifform, den Diskuss, als Wiedererkennungswert?
Reicht schon das submarine Starlight-Casino aus, um sich wohlzufühlen?
Die Roboter jener Zeit haben wohl wenig Chancen. Heute sind es
rollende Mülltonnen oder Blech-Ritter (R2-D2 und C-3PO aus "Star Wars")
oder vom Menschen kaum noch unterscheidbare Replikanten oder Androiden
("Blade Runner" bzw. Data aus "Star Trek") die sehr vermenschlichte
Roboter darstellen.
Auch die Ausstattung des ORION-Leitstandes scheint kaum noch zeitgemäß.
Diese Einsicht betrifft weniger Bleistiftanspitzer und Bügeleisen, die sich
noch einfach durch - weniger kultige - Knöpfe und Schalter ersetzen ließen.
Es trifft mehr den Gesamteindruck: die geschwungenen Nierentischformen.
Schade wärs, wenn die verschwänden, oder? Dann schon lieber weg mit dem
stacheligen Computer-Ei.
Den Charme der alten Serie machten aber nicht so sehr die Äußerlichkeiten
aus. Vielmehr lag es auch an den Dialogen und Schauspielern. Den
Technobabble (die "realistische" Beschreibung(swut) fiktiver Gegebenheiten)
erfand erst die Neuauflage von "Star Trek".
Bei der ORION spielte zu große Realitätsnähe, sprich Machbarkeit,
kaum eine Rolle - man machte einfach. Es wurde dem Zuschauer
gerade soviel rübergebracht, wie für das Verständnis der Episode eben
notwendig war - die Handlung stand im Mittelpunkt, nicht die Technik. So
erklärt uns Professor Sherkoff im Vorbeigehen die Telenose und der
Roboterlehrgang wird durch einen wildgewordenen Vertreter seiner Art
aufgelockert.
Auch bei dem was man dann zeigte orientierte man sich weniger am Machbaren.
Natürlich wäre es damals schon wahrscheinlicher gewesen, Computern statt
Robotern (mit Elektronengehirnen - also Computern) die Leitung einer
Außenstation zu übertragen.
Der kosmische Irrläufer wird mal als Planet, dann wieder als
Supernova-Äquivalent bezeichnet, obwohl Supernova einen explodierten
Stern bezeichnet, von dem wenig übrig geblieben ist, da er
- wie erwähnt - eben schon explodiert ist.
Selbstverständlich baut man in der Zukunft komplizierte Unterwasserstationen
statt einen einfach anzufliegenden Raumbahnhof einzurichten.
Das alles bedarf keiner Erklärung, die Raumpatrouille konnte jeden ohne
SF-Vorbildung unterhalten. Heutige Serien versuchen zu oft zu viel
zu erklären und verheddern sich in der Hardware, erfreuen sich an
Tricktechnischen Leistungen, statt den Zuschauer durch eine gut aufgebaute
Handlung zu fesseln.
Das kann auch das Problem dieses neuen Projektes werden.
Die Neuauflage soll an die deutsche Serie anknüpfen, heißt es, anderseits weltweit zu
vermarkten sein. Das schließt einige Dinge von vornherein aus.
Das Gläschen Whisky zwischendurch verträgt sich nicht mit
den Regeln des US-Marktes. Der "political correctness" geopfert würde auch
der Dauerclinch zwischen Commander und Sicherheitsbeamtin, wie zwischen
McLane und Tamara Jagellovsk üblich.
Vielleicht ist der Traum schöner als dessen Erfüllung. Dennoch -
wer auch immer die neue ORION-Crew bildet -
ich würde sie gerne alle nochmal sehen:
McLane, jetzt als alten knorriger Admiral - pardon, bei der Raumpatrouille
natürlich: General.
Tamara als oberste GSD-Chefin,
Mario immer noch Körbe bei jungen Kadettinen einsammelnd,
Helga und Atan als Kommandanten eigener Schiffe.
Für Hasso kommt die neue Serie leider zu spät, ebenso für General Wamsler und
Oberst Villa.
Die momentane SF-Welle in Deutschland ist auch eher eine Star-Trek-Welle.
Deutsche Science-Fiction hat es sehr schwer. Ob die neue ORION endlich
potente Geldgeber findet ist nicht abzusehen. Sollten wir also zuversichtlich
sein? Natürlich! Wir wissen es besser als andere: Was heute noch wie ein
Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein...
Kleines Update:
Die Euphorie währte natürlich nicht all zu lange.
Das 1995 gestartete Projekt verlief schon wenige Wochen nach Veröffentlichung
dieses Textes im Sande. Pro7 und Roland Emmerich hatten zu große
künstlerische (und damit wohl auch finanzielle) Differenzen.
Jedoch gilt der Hinweis am Ende: Was heute WIEDER wie ein
Märchen klingt, kann morgen DOCH schon Wirklichkeit sein...
Kleines Update:
Da mittlerweile außer Friedrich G. Beckhaus alle Schauspieler verstorben sind bleibt eigentlich nur noch "Raumpatrouille - Next Gerneration"
Starlight Info:
Text: Milosch [12/96]